Heidelberger Studien

Hans Andree / Asmus Tietchens / Rolf Zander

Impressum

mit zwei CDs »Heidelberger Tiegel«, »Heidelberger Studien« komponiert von Asmus Tietchens; in der Reihe Zum Buch 4
Hrsg: Hans Andree / Rolf Zander
Betreuer: Hans Andree / Uli Brandt / Ralf Bacher
11/2003
Auflage: 200 Stk.
Material 088, 4i
Hamburg, material-Verlag, Hochschule für bildende Künste

Drucktechnik

mit zwei Musik-CDs
30 Seiten,
Offset, Heft, Fadenheftung, Schutzumschlag

Beschreibung

Das Einzelheft ist vergriffen, aber die Gesamtausgabe Zum Buch 4 mit allen 10 Heften ist noch lieferbar !

Seit 88 Jahren gibt es die automatische Druckpresse Heidelberger Tiegelautomat. Seit 25 Jahren steht ein Großer Heidelberger in der Werkstatt Lerchenfeld. Ihre Arbeitsgeräusche lieferten das Klangmaterial für die Kompositionen der Sechs Heidelberger Studien von Asmus Tietchens.

CD1 Der Heidelberger Tiegel als Geräuschquelle
Um die komplexe Geräuschvielfalt eines Heidelberger Tiegels zu dokumentieren, bedarf es geschulter Ohren und leistungsfähiger Aufzeichnungsgeräte (z.B. DAT­ Recorder und Stereomikrophon). Wer gewohnt ist, akustisch zu selektieren und zu analysieren, wem es möglich ist, die Komponenten einer großen Geräusch­symphonie wahrzunehmen, kurz, wer bereit ist, genau hinzuhören, wird den Heidelberger Tiegel als etwas buchstäblich Unerhörtes erleben: Bis auf den Maschinen­sockel war so gut wie alles in Bewegung und klang. Die Mannigfaltigkeit der Geräusche machte es anfäng­lich schwer, sie zu orten und möglichst signifikant abzu­bilden. Das Mikrophon wurde in Positionen gebracht, die dem menschlichen Ohr zum Teil unerreichbar sind - ich benutzte es als eine Art akustischer Sonde. Es ent­stand ein Geräuschkontinuum von 40 Minuten Dauer, aus dem ich sechs Sequenzen extrahierte – sie bilden den Inhalt der CD 1.
Diese Ausschnitte sind schon als Maschinengeräu­sche interessant, sind sie doch heute bereits selten zu hören und werden in wohl nicht allzu ferner Zukunft ganz verklungen sein -so dass dieser Dokumentation auch ein gewisser konservatorischer Nutzen zukommt. Darüber­hinaus ist für mich das Geräuschmaterial des Heidelber­ger Tiegels mit seinem Frequenzspektrum und seiner eigenartigen Dynamik von ästhetischem Reiz. Die Ergeb­nisse der Weiterbearbeitung sind auf CD 2 zu hören.

CD1: Heidelberger Tiegel Sequenzen 1–6
Sequenz 1: 2'45" Sequenz 2: 5'23" Sequenz 3: 1 '22" Sequenz 4: 3'06" Sequenz 5: 0'47" Sequenz 6: 1 '15"
Aufgenommen von Asmus Tietchens in der Hochschule für bildende Künste, Hamburg

CD2 Heidelberger Studien 1-6
Der Heidelberger Tiegel läßt sich durchaus als Rhythmus­maschine verstehen: Deutlich wahrnehmbare, zum Teil komplizierte Rhythmen strukturieren seine Arbeitsgeräu­sche. Auch diesen Sachverhalt wollte ich mit CD 1 dar­stellen. Was nun aber im Sinne konkreter Musik und ästhetischem Handeln wichtig wurde, war die Frage, wie die vorliegenden akustischen Materialien aus ihrem Kon­text herausgenommen werden konnten und welchen klanglichen Transformationen sie unterworfen werden sollten. Den rhythmischen Strukturen zu folgen, lag sehr auf der Hand, wäre eine allzu plakative Lösung gewe­sen. Auch wollte ich nicht die »Seele« der Maschine zum Klingen bringen, gern überlasse ich den Versuch, die Maschine zu transzendieren, kompetenteren Schwarm­geistern.
Die rhythmischen Strukturen der Tiegelgeräusche wurden zugunsten eher flächigen und/oder unregelmä­ßig impulsartigen Klanggeschehens umgewandelt, um so eine Ebene jenseits der starren Rhythmik zu schaffen. Infolgedessen sind die Sechs Heidelberger Studien dem ursächlichen Geräuschkontinuum völlig entrückt. Ich zielte dabei weder auf Verblüffung, noch auf eine Mär­chenstunde ab, sondern wandte mich dem Material selbst zu, um einige (von vielen) kombinatorische Mög­lichkeiten seiner klanglichen Bearbeitung und Neustruk­turierung durchzuführen. Ästhetische Entscheidungen traf ich erst, nachdem die formalen und akustischen Eigenschaften des Basismaterials gründlich untersucht waren. So ergab es sich, dass die Studie 1 und 5 doch wieder rhythmisch gerieten, wenn auch strukturell und klanglich vom Original vollkommen abweichend. Studie 2 und 2A sind zwei unterschiedliche Bearbei­tungsvarianten derselben Grundsequenz. Studie 4 und 6 entfernen sich am weitesten von tradierten Musik­formen, auch denen der sogenannten Neuen Musik. Welche Sequenz der CD 1 einer Studie auf CD 2 zugrunde liegt, ist aus den Reihenfolgen nicht zu er­schließen, das ließe sich bestenfalls durch analytisches Hören bewerkstelligen. Ich entschied mich für diese Lesart, um jede Form didaktischer Gängelung zu vermeiden, aber auch, um die Entdeckerfreude nicht zu schmälern. [Asmus Tietchens]

CD2: Heidelberger Studien 1-6
Heidelberger Studie 6: 2'33" Heidelberger Studie 2: 4'50" Heidelberger Studie 1: 2'41" Heidelberger Studie 5: 2'34" Heidelberger Studie 2a: 3'39" Heidelberger Studie 4: 3'33
Realisiert in den Audiplex Studios, Hamburg Produktion: Okko Bekker